Unternehmensverantwortung braucht Werte

Beitrag als Vertreter des BKU zum Impulstag 2016 des Kongress Christlicher Führungskräfte in der IHK Akademie Nürnberg,-Mittelfranken zusammen mit Prof. Dr. Johannes Rehm (Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt, Erlangen).

Siehe auch http://bku.de/image/inhalte/file/BKU_Journal_1_2_2016_web.pdf S.15

Wie ist Verantwortung von Unternehmen zu verstehen?

Die Gesellschaft beschäftigt sich mehr als je zuvor mit der Ausrichtung der Weltgemeinschaft auf eine nachhaltige und gerechte Entwicklung (z.B. SDGs). Wir sehen in den wirtschaftlich stärksten Ländern die Abkehr von einer eindimensionalen güteroutputbezogenen Wohlstandsdefinition. (z.B. W3-Indiaktoren) Wirtschaftliche Aktivitäten erfolgen gemäß unserem Grundgesetz in Verantwortung vor Gott und den Menschen oder wie es die Europäische Kommission in Ihrer CSR-Definition von 2011 ausdrückt, im Kontext der „Verantwortung der Unternehmen für Ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Es ist längst Normalität, dass neben Gewinnkategorien auch Fragen gestellt werden, die auf den Umgang mit der Schöpfung – der Umwelt und dem Menschen – abzielen. Und zwar vor Ort und innerhalb der Lieferkette auch anderswo. Unternehmen sind demnach für all Ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft auskunftspflichtig geworden – ohne Einschränkung. Sie müssen demnach Ihr Handeln ver-Antworten und Antworten geben!

Wird die Verantwortung für Gewinnerzielung demnach zur Nebensache?

Sicher nicht. Sie bleibt zwingende Nebenbedingung für ein erfolgreiches erwerbswirtschaftliches Unternehmen, ist aber kein Selbstzweck mehr. Sinnfragen rücken in den Vordergrund. Je enger der Arbeitsmarkt wird, desto wichtiger werden Wertefragen jenseits von Gewinn und Bezahlung. Der sanfte Paradigmenwechsel, innerhalb dessen wir uns derzeit befinden, stellt einerseits eine große Chance für eine bessere Welt im Sinne einer umfassenden Verantwortung vor Gott und den Menschen dar, birgt aber andererseits die Gefahr in sich, dass der alte Götze Mammon durch neue Götzen ersetzt wird. Die Extremposition wirtschaftlichen Erfolgs in ungezügelt verantwortungsloser Freiheit könnte im Extremfall einer Gängelung der Gesellschaft zu Gunsten einer unbedingten Konservierung des ökologischen Status-Quo weichen. Beide Extreme lassen Augenmaß vermissen und können auf entsprechend einseitig überbetonte Werte und damit weltanschauliche Fragen zurückgeführt werden. Worauf es ankommt, ist das richtig Maß und die Austarierung der einzelnen Zielgrößen, denn fast immer finden sich Dilemmata zwischen verschiedenen Zielen. Ganz deutlich wird das, wenn es nur noch um den Gewinn alleine geht – auf Kosten der beteiligten Menschen und der Umwelt.

Welche Werte braucht dann Unternehmensverantwortung ganz konkret?

Wir finden im Grundgesetz und beispielsweise den Verfassungen unserer Bundesländer die Werte, denen wir uns als Gesellschaft verpflichtet wissen wollen – teilweise mit „Ewigkeitsgarantie“. Diese Werte haben in Deutschland oftmals klare christliche Wurzeln. Die Verfasser legten Wert darauf, dass wir als Gesellschaft „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“ agieren. Der klare Bezug zu Jesus findet sich in diesen Katalogen jedoch nicht, obwohl das christliche Menschenbild prägend ist. Dadurch kann auch von einer säkularisierten und weltanschaulich pluralen Gesellschaft ein lebensförderliches Wertegerüst gemeinschaftlich umgesetzt werden. Auch Nichtchristen können sich – Gott sei Dank – zum Grundgesetz oder z.B. der Bayerischen Verfassung bekennen. Es sind vor allem aus der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott ableitbare Werte, die Unternehmen ein humanes Gesicht verleihen: Menschenwürde, Vertrauen, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft/Teamfähigkeit, Respekt, Familienfreundlichkeit und Barmherzigkeit oder Fehlertoleranz sowie Gerechtigkeit aber auch Qualität, Loyalität und Integrität. Eben die Werte, die wir auch in der Kongresserklärung oder den Urquellen der 10 Gebote und der Bergpredigt wiederfinden.

Unterscheidet sich christliche Unternehmensverantwortung vom gängigen Verständnis?

Christliche Verantwortung bedeutet vor allem „Täter des Wortes zu sein“! Die Motivation dazu sollte bei Christen intrinsisch von innen heraus kommen, während weltanschaulich anders geprägte Menschen oft extrinsisch – z.B. über Compliance Regelungen – zu motivieren sind. Maßstab unternehmerischer Verantwortung sind Gott und die Menschen! Nicht der Jahresüberschuss! In der Präambel unseres Grundgesetzes ist eine entscheidende Verantwortungsdimension explizit eingeschlossen: „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Den Menschen – unabhängig von seinen Glaubensüberzeugungen – als Abbild Gottes anzuerkennen und Jesus nachzufolgen liefert Kraft, in Liebe zu ihm und seinen Geschöpfen auch unternehmerisch zu handeln. Verantwortung wird zur Leerformel, wenn nicht verdeutlicht wird, welche Gestalt sie wirklich haben soll: Wer ist wem für was und warum verantwortlich? Die Verantwortungsinstanz eines Christen geht über formale Institutionen hinaus. Wir wissen uns Gott gegenüber verantwortlich und sind damit auch aufgefordert zu handeln, wenn kein weltliches Gesetz uns dazu bewegt. Auch wenn es juristisch im bestehenden Ordnungsrahmen machbar wäre, die Umwelt rücksichtslos zu verschmutzen, Menschen über krankmachende Arbeit und geringste Löhne auszubeuten, Steuerzahlungen mit Tricks fast ganz zu vermeiden, usw. – die letzte Verantwortungsinstanz des Christen ist nicht von dieser Welt. Ebenso wenig ist es die Verantwortungsnorm, der Maßstab, nämlich Jesus selbst. Nicht das Complianceprogramm oder die Umweltverordnung motiviert Christen, sondern Jesus selbst.

Was bedeutet das für Unternehmenswerte?

In einer pluralistischen Welt gilt es, unternehmerische Maßstäbe und Normen mitzugestalten und dabei gleichzeitig deren Begrenztheit zu berücksichtigen. Verantwortung vor Gott und den Menschen bedeutet, über das menschliche Mindestmaß wie selbstverständlich hinauszugehen, wenn es Gottes Maßstab entspricht. Dies kann eine Sogwirkung entfalten, die auch Nichtchristen erfasst und dabei hilft, die Wirtschaft so zu formen, dass sich auch Gottes Maßstäbe darin wie selbstverständlich wiederfinden. Ein Fehler wäre es aber, die ohne Glauben oder geistliche Inspiration schwer verständlichen Werte von allen Menschen bzw. Mitarbeitern zu fordern: z.B. Barmherzigkeit oder selbstlose Hilfe und Unterstützung Dritter – eventuell sogar von Konkurrenten. Das ist nur geistlich inspiriert zu verstehen und kann demnach nicht zum Programm für jedermann erhoben werden. Es gibt Bereiche, die sind nur durch echte Beispiele einzelner ohne allgemeine Verpflichtung für alle sichtbar zu machen. Heute haben wir dazu ja einige persönliche Beispiele gehört. Auch christliche Topverantwortungsträger müssen darauf achten, anschlussfähig zu bleiben und ihre Überzeugungen in den Kontext der jeweiligen Unternehmenskultur zu stellen.

Mit einem Anteil von über 33% der Weltbevölkerung sind Christen in all ihren konfessionellen Schattierungen die gesellschaftliche Gruppierung mit der weltweit stärksten Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Diese Möglichkeiten gilt es auszuschöpfen und aktiv zu gestalten. Oder mit biblischen Worten „Salz und Licht“ sowie „Täter des Wortes“ zu sein in einer Welt, die sich gerade neu erfindet. Dabei liegt weniger der Fokus darauf, die christliche Weltanschauung in den Vordergrund zu rücken, als zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit praktisch beizutragen. Die biblische Basis mit der klaren Verantwortung vor Gott für seine Schöpfung und seine Geschöpfe ist für Christen eine Selbstverständlichkeit, internationale Solidarität hat im größten sozialen Netzwerk der Welt auch ohne Internet lange Tradition und die von Jesus vorgelebte Feindesliebe ist ein mächtiges Werkzeug für dauerhaften Frieden. Wir brauchen mehr denn je reife Christen – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, kulturell, kirchlich – die  Orientierung bieten, Gott, den Nächsten und Ihre Feinde lieben und Farbe bekennen warum sie dies so und nicht anders tun.