Der erste Durchgang UETH in Würzburg …. Was hat´s gebracht ?
Der erste Durchgang meiner Veranstaltung Unternehmensethik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt ist zu Ende. Was hat´s gebracht?
Vorweg geschickt: es war eine schöne Sache und hat unheimlich Spaß gemacht, DIE wichtigen Fragen des Wirtschaftens gemeinsam mit den Studierenden zu bewegen. Aber es war sicher mehr als Spaß…
Die Struktur der Veranstaltung war aufbauend auf meiner Vorerfahrung konzipierte als Mix aus theoretischem Wissen, angewandter Methodik, Praxisbeispielen, Fallstudien und Reflexion/Diskussion. Der Praxisbezug ist gerade in der Wirtschafts-/Unternehmensethik ein wesentlicher Punkt. Aus diesem Grund erweiterte ich die Veranstaltung mit Bankvorständen, Kriminalisten, Compliance-Verantwortlichen, religiös geprägten Ökonomen und Personalchefs aus kleinen und großen Organisationen. Erst diese Erweiterung verdeutlichte die Relevanz ethischer Fragestellungen im Alltagsgeschäft und macht schliesslich das Thema jenseits eigener Erfahrungen fassbar.
Die Veranstaltung beinhaltete mehrere Schlüsselerlebnisse für mich. Das wichtigste Schlüsselerlebnis möchte ich hier kurz schlidern. Es wurde ganz deutlich, dass die Mehrzahl der Studierenden mit einem utilitaristischen Weltbild und einer oft auf Gewinn/Ertrag zielenden verkürzten Sichtweise von Verantwortung in die Veranstaltung kommt. Im Falle einer der Realität (!) entnommenen Fallstudie zu Kindersklaven beim Kakaoanbau wurde das besonders deutlich. Hier argumentierten tatsächlich einige Studierende aus vollster Überzeugung mit den üblichen Standards wie Arbeitsplatzsicherung (in den Industrieländern), Renditepflicht (zugunsten der Shareholder) usw., um übelste Menschenrechtsverletzungen in der Zulieferkette des größten Players am Kakaomarkt zu rechtfertigen.
Hieran wurde einmal mehr deutlich, dass Unternehmensethik nicht ohne den Blick für Werte und Wertesysteme sowie deren Fundamente gelehrt werden kann. Die Lehre muss mutig genug gestaltet sein, um normative Fragen zu bewegen und diese im Kontext wesentlicher Wertesysteme – mit klaren Antworten und Unterstützung bei einer Rangbildung – zu beleuchten: Angefangen von der wunderbaren bayerischen Verfassung und dem deutschen Grundgesetz über die Menschenrechte auf UN-Ebene bis hin zu den Kernbotschaften der größten Religionen als Wertelieferanten.
Den Studierenden fehlte in erster Linie ein argumentativer Katalog von Werten und deren Herkunft sowie die philosophische Freiheit, jenseits des Nutzenprinzips und Gewinn/Verlust-Kategorien denken zu dürfen und zu sollen. Kein Wunder – im Studium der BWL ist dies ja noch eher selten anzutreffen. Selbst die gängigen Fallstudien der Wirtschaftsethikbücher ermangeln oft Lösungvorschläge für ihre Fälle (auch wenn dies problemlos möglich wäre, je nach zugrunde liegender Philosophie oder ethischer Denktradition mehrere Lösungen zu definieren). Um dem zu begegngen habe ich ein „Würzburger Modell Werte-orientierten Argumentierens“ entwickelt, das es den Studierenden erlaubt, ethische Fragestellungen selbständig zu definieren und in entsprechenden Wertekategorien zu beantworten. Das Modell vermittelt eine einfache Methode, um einerseits selbst Orientierung zu gewinnen und andererseits Dritten klare Orientierung auf Basis eines individuellen aber völlig transparenten Werterankings zu geben. Dieses Modell habe ich in der zugehörigen Klausur abgeprüft: es überwältigt mich, welche Güte viele der vorgelegten Argumentationen der Studierenden im Vergleich zu den Aussagen zu Beginn der Lehrveranstaltung nun haben.
Die Lehre von Wirtschafts- und Unternehmensethik im Rahmen von BWL/VWL-Studiengängen ist sicherlich mit ein wesentlicher Treiber dafür, dass die zukünftige Wirtschaftswelt in einem neuen Paradigma der Menschlichkeit gestaltet werden kann. Gelingen kann dies vor allem dann, wenn die Lehre sich nicht in der Vermittlung von Theorie erschöpft, sondern prägend wird für zukünftige Aufgaben der Studierenden…