Nachhaltiges Leben und Wirtschaften: Nur ein gutes Geschäft für regionale Banken?

Harald Bolsinger wirft aus der THWS einen Blick auf die mainfränkische Regionalbankenlandschaft

Fast ein Drittel des deutschlandweiten Geschäftsvolumens von Banken wird von Genossenschaftsbanken und Sparkassen bedient. Diese sind durch Ihre Organisationsform ganz klar regionalbezogen aufgestellt. Sparkassen haben als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute einen öffentlichen Auftrag zu finanzieller Inklusion und den Fokus auf regionale Akteure. Kreditgenossenschaften verstehen sich als fester Bestandteil ihrer Region mit dem Auftrag, ihre Mitglieder zu fördern. Damit sind Sie DIE Kreditinstitute, denen eine besondere Verantwortung in der Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft hin zu einem verantwortungsvollen Lebens- und Wirtschaftsstil zukommt – noch vor den „Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus“ wie beispielsweise der Umweltbank, Triodos oder GLS. Denn die regionalen Institute kommunizieren seit Jahr und Tag, dass sie anders sind, dass sie keine Gewinnmaximierung betreiben und dass sie im Grunde gemeinwohlorientiert agieren, wie es Art 151 der Bayerischen Verfassung beschreibt. Global denken und lokal – oder besser gesagt regional – handeln! Das ist es, was wir für eine echte Transformation unserer Gesellschaften ohnehin brauchen. Dabei sind Geld und Finanzkapital neben kluger Ordnungspolitik große Hebel für die Veränderung unserer Welt. Das hat auch die EU erkannt und deshalb den europäischen Finanzmarkt neu reguliert. Bald werden alle Banken – zwangsläufig – ein Mindestmaß an Nachhaltigkeitsausrichtung in Ihrer Geschäftsstrategie abbilden müssen. Spätestens dann werden sich alle Banken unisono damit hervortun, welch großartigen Beiträge sie zur Rettung der Welt leisten. Denn jetzt ist die Zeit, in der die europäische Regulatorik zu „Sustainable Finance“ zu greifen beginnt. Das Marketingnarrativ der nächsten 5 Jahre ist mit der neuen EU Ordnungspolitik bereits fixiert: Man wird in der Finanzbranche neue Begriffe (er)finden, um nicht das Wort „Nachhaltigkeit“ oder „Klimaneutralität“ bemühen zu müssen und natürlich werden alle Banken aufzeigen, wie verantwortungsvoll das eigene Geschäft – schon immer? – war und ist 🙂

Von vorwiegend kapitalgetriebenen Direkt-, Privat- oder Großbanken ist es nicht zu erwarten, dass diese sich mit einer für sie selbst klein erscheinenden Region detailliert beschäftigen. Geschweige denn, diese gar zu „adoptieren“ und sich mütterlich und väterlich langfristig für ihr Wohl zu engagieren. Wenn sie es doch tun, dann ist das eine echte Besonderheit und verdient großen Respekt. Zumeist gilt das Engagement aber doch vorwiegend speziellen Zielkundengruppen, die den Banken attraktiv erscheinen. Die besondere Verantwortung für ihre Region kommt rechtsformbezogen tatsächlich den Kreditgenossenschaften und Sparkassen zu, die nicht zuletzt auch auf ein prosperierendes und resilientes Geschäftsgebiet angewiesen sind, um weiter selbst erfolgreich sein zu können. Das habe ich zum Anlass genommen, ein Schlaglicht auf ausgewählte Banken in Mainfranken zu werfen, als mich die MainPost zu einem kurzen Interview zum Thema gebeten hatte. Sicher ist das keine Tiefenanalyse und alles andere als vollständig – basiert sie doch nur auf Internetrecherche und Eigenerfahrung – aber die Einschätzungen können dennoch hilfreich sein, um eine Diskussion in Gang zu bringen die wir dringend brauchen. Zum einen wie glaubwürdig einzelne Institute mit ihren Nachhaltigkeitsaussagen wirklich sind und zum anderen, was sich daraus für Mainfranken ergibt: Wie steht es mit den Agenten des mainfränkischen Wandels in der Finanzbranche? Wie glaubwürdig sind deren Aussagen von morgen auf Basis dessen, was sie aktuell an Engagement zeigen?

Glaubwürdige Nachhaltigkeit in Banken

Glaubwürdigkeit hat mindestens zwei Kernaspekte. Zum einen geht es um die Faktenbasierung von Aussagen und zum anderen ergibt sie sich aus einer individuellen subjektiven Zuschreibung. Fakten lassen sich prüfen – das reguliert auch die EU derzeit wunderbar. Aus den Fakten ergibt sich die Integrität: Stimmen Kommunikation und belegbares Handeln überein – und zwar langfristig und dauerhaft? Wird die behauptete Richtung ganzheitlich umgesetzt oder nur als kleiner Teilbereich des Geschäftsmodells? Die subjektive Zuschreibung nimmt weitere Aspekte in den Blick: Ist die Bank überhaupt fähig und kompetent genug das umzusetzen, was sie als Losung ausgibt? Kann man ihr vertrauen, was den Motivationshintergrund für Veränderung betrifft? Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob man reaktiv als last-mover neue Nachhaltigkeitspflichten umsetzt oder ob man schon lange proaktiv als first-mover wertegetrieben Dinge anders als alle anderen gemacht hat!

Einzelne Bäume ergeben noch lange keinen Wald!

Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeitsanstrengungen beurteilt man in Banken am besten mit nicht mal einer Hand voll Punkten. Die vier Kernpunkte, die im Zusammenspiel eine gutes Bild ergeben sind

  • Anlageprodukte für Kunden,
  • Kreditgeschäft,
  • Eigenanlagen/Treasury und
  • Organisation/Governance.

Man stellt sich dann einfach folgende Fragen dazu: Ist das Produktsortiment nur durch nachhaltige Produkte ergänzt oder wird rein gar nichts Schädliches für Mensch und Umwelt mehr angeboten? Werden rote Linien konsequent gezogen? z.B. sind Anlagen in fossile Energien immer noch Teil des aktiven Angebots? Existiert ein Beurteilungssystem für Kredite, das einer transparenten Nachhaltigkeitszielsetzung folgt? Werden erwünschte Investments mit Konditionenverbesserungen gefördert? Investiert die Bank ihr überschüssiges Geld nur noch in nicht schädliche Unternehmen/Länder und macht sie die Zusammensetzung der Eigenanlagen transparent? Ist das Streben nach Nachhaltigkeit in der Organisation tatsächlich verankert und konfliktfrei umsetzbar? Gibt es beispielsweise ein eigenes Vorstandsressort zu Nachhaltigkeit oder eine Abteilung jenseits des Marketings? Stimmt die Anreizstruktur, indem Boni auch an Nachhaltigkeitsziele geknüpft werden – beim Vorstand gleichermaßen wie im Vertrieb? Bekommen Mitarbeitende einschlägige Weiterbildungen zu Nachhaltigkeitsthemen? Wird über Nachhaltigkeitsziele, -erfolge und -misserfolge transparent berichtet – evtl. auch ohne regulatorische Pflicht? Wird der eigene Betrieb ebenfalls nachhaltig gestaltet im Sinne eines guten Beispiels?

Regionalverantwortung von Sparkassen und VR-Banken

Feuer und Flamme für eine resiliente Region – (k)eine Selbstverständlichkeit?!

Aber all das sind Fragen, die für Sparkassen und Kreditgenossenschaften nicht die Kür darstellen sondern eigentlich nur die Pflicht. Natürlich habe ich mir diese Dinge in ausgewählten mainfränkischen Banken angeschaut, aber was viel wichtiger neben all dem ist: Wie steht es mit dem Willen und der Kraft zur Transformation hin zu einer nachhaltigen Welt? Zunächst fürs eigene Haus und dann für die Region bzw. die Mitglieder, die von Wohl und Wehe der Region abhängig sind?!

  • Hier sucht man zunächst die Verankerung von Nachhaltigkeitsbelangen direkt in der Geschäftsleitung – mindestens aber eine Ebene darunter. Ohne Vorstandsaufmerksamkeit fehlt schlicht die strategische Relevanz.
  • Nachdem wir uns mitten in einem Paradigmenwechsel der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft befinden, die auch noch von supranationaler Ebene massiv vorangetrieben wird, muss man spätestens jetzt als Bank jedweder Größe einen eigenen Plan haben: Welche Zielsetzung verfolgen wir (nicht unser Verband :-)) und mit welchen Werten? Wo möchten oder müssen wir uns ändern, um nicht nur morgen noch da zu sein, sondern aktiv den Wandel mitzugestalten?
  • Und damit einhergehend dann automatisch die Frage: Wie muss der Wandel für unsere Region wohlstandssichernd aussehen? Wie forcieren und begleiten wir diesen profitabel für alle Beteiligten? – Eine Frage die kein Spitzenverband beantworten kann, sondern nur die Regionalbank vor Ort mit ihren Fühlungsvorteilen und eingebunden in ihr soziales Netzwerk!
  • Klimaschutz ist zwischenzeitlich ein supranational verbindlich fixiertes Ziel und selbst die EZB integriert Klimarisiken mittlerweile in ihre ansonsten ethikblinde Geldpolitik. Deshalb hat man keine ernstzunehmende Nachhaltigkeitsausrichtung als Bank, wenn man keinen Klimaschutzplan hat! Oder können Banken den Wandel begleiten und finanzieren, wenn sie selbst ihn nicht auch vollziehen?
  • Nachhaltigkeit ist nicht Klima allein, deshalb ist die große Frage, ob es konkrete Nachhaltigkeitsziele in allen Bereichen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen gibt, diese von der Bank fixiert und kommuniziert sind und mit einer belastbaren Berichterstattung versehen wurden. Welche Auswirkungen will die Bank erreichen und wie will sie das messen? Jenseits von Kreditvolumina oder dem Volumen verkaufter Nachhaltigkeitsfonds?! Große Worte und k(l)eine Wirkung reichen nicht aus für Agenten des Wandels!
  • Und wenn es um Auswirkung und Wirkung des eigenen Handelns geht, ist auch der Bereich Spenden-/Förderwesen (Philanthropie) ein wichtiger Punkt für Regionalbanken! Ist ein stimmiges Gesamtkonzept erkennbar, das zu den Zielen der Bank und dem angestrebten Wandel passt oder werden al-Gusto historisch gewachsen einfach Spenden verteilt?
  • Wenn man sich die Innovation ansieht, die Sparkassen und Kreditgenossenschaften im internationalen Vergleich in der Bankenbranche zu ihrer Entstehungszeit selbst darstellten, dann ist auch die Innovationskraft für neuen Nachhaltigkeitslösungen in der Region ein Faktor, der hochrelevant für die Bewältigung aktueller und zukünftiger Herausforderungen ist. Wo sind die profitabel umsetzbaren Problemlösungen aus eigener Kraft zum Nutzen aller in der Region?
  • Zuletzt ist auch ein Gradmesser der organisationalen Erneuerungsfähigkeit, ob man es als Bank schafft von der reinen „Männerwirtschaft“ ganz oben wegzukommen und wenigstens mal eine Frau in den Vorstand zu berufen.

Die Lage in Mainfranken – eine persönliche Einschätzung

All das habe ich online recherchiert und Schulnoten vergeben. Was nicht zu finden war oder nur eine Kopie der Verbandsmeinung ohne konkrete Belege darstellte, führte zu einer 6. Alles andere habe ich mit meiner Erfahrung subjektiv bewertet:

Subjektive Bewertung aufgrund Internetrecherche am 20.07.2023
Nachhaltigkeit (Noten 1-6) 6, wenn nichts gefunden
VR-Bank Würzburg VR-MainBank eG Volksbank Main-Tauber eG Raiffeisenbank Main-Spessart eG Raiffeisenbank Höchberg eG Sparkasse Mainfranken Würzburg
Experten mit Entscheidungsmacht verankert 6 6 2 6 6 1
Transformationsplan fürs eigene Haus 6 6 3 6 6 2
Transformationsplan fürs Geschäftsgebiet 6 6 6 3 6 2
Klimaschutzplan fürs eigene Haus 6 6 6 6 6 1
Eigene Nachhaltigkeitsziele fixiert, Berichterstattung zu Zielverfolgung 6 4 6 3 6 2
Eigenanlagen bereinigt, Ausschlusskriterien vorhanden und transparent 6 6 6 6 6 2
Philantropiekonzept Spenden/Sponsoring/Stiftungen 2 3 3 1 6 1
Innovationen für Transformation sichtbar und umgesetzt 2 6 2 1 3 3
Frauen im Vorstand 1 1 6 6 6 6
Durchschnittsnote 4,1 4,4 4 3,8 5,1 2

Unterstellt man den betrachteten VR-Banken, dass die Aussagen auf ihrer Verbandswebsite zu 100% belastbar sind und diese als Musterschüler „alle wesentlichen Nachhaltigkeitskriterien“ wie selbstverständlich auch beim Management ihrer Eigenanlagen und in der Gesamtbanksteuerung berücksichtigen – natürlich mit entsprechendem Personal und Vorstandsverantwortung hinterlegt, nur eben nicht darüber individuell berichten, ergibt sich ein leicht besseres Bild – das sich nochmal verbessern könnte, falls es schlicht an der mangelnden Kommunikation bereits umgesetzter Punkte liegt:

VR-Bank Würzburg VR-MainBank eG Volksbank Main-Tauber eG Raiffeisenbank Main-Spessart eG Raiffeisenbank Höchberg eG Sparkasse Mainfranken Würzburg
Experten mit Entscheidungsmacht verankert 1 1 1 1 1 1
Transformationsplan fürs eigene Haus 6 6 3 6 6 2
Transformationsplan fürs Geschäftsgebiet 6 6 6 3 6 2
Klimaschutzplan fürs eigene Haus 6 6 6 6 6 1
Eigene Nachhaltigkeitsziele fixiert, Berichterstattung zu Zielverfolgung 6 4 6 3 6 2
Eigenanlagen bereinigt, Ausschlusskriterien vorhanden und transparent 1 1 1 1 1 2
Philantropiekonzept Spenden/Sponsoring/Stiftungen 2 3 3 1 6 1
Innovationen für Transformation sichtbar und umgesetzt 2 6 2 1 3 3
Frauen im Vorstand 1 1 6 6 6 6
Durchschnittsnote 3,1 3,4 3,4 2,8 4,1 2

Treiber des Wandels werden

Daraus ergibt sich folgende Diagnose: die meisten Kreditgenossenschaften, die betrachtet wurden, sind noch keine Treiber des Wandels, sondern bedienen den aktuellen Mainstream. Und positionieren sich mit einem „befriedigend“ bis „ausreichend“. Abwarten und Tee trinken in Sachen Nachhaltigkeitstransformation, scheint immer noch die Devise in zahlreichen Häusern zu sein. Ambitionen als Vorreiter sind kaum erkennbar. Das ist schade und eine verschenkte Chance für Mainfranken, denn die Verwurzelung in der Region ist ja wirklich vorhanden und die genossenschaftliche Rechtsform mit ihrem Finanzverbund könnte wesentlich mehr! Natürlich gibt es Ausnahmen – so hat die Raiffeisenbank Main-Spessart eG ein exzellentes Philantropiekonzept, mit entsprechenden Stiftungen und Themenförderung regional. Auch einige nachhaltigkeitsorientierte Zusatzleistungen sind verfügbar (Reisen, Energiegenossenschaft usw.). Als einzige erstellt diese Kreditgenossenschaft schon lange eine Förderbilanz – leider aber nicht zeitgemäß genug, da die Integration regionaler Nachhaltigkeitskernthemen fehlt, die zweifelsohne aber schon aktiv bedient werden. Es existieren auch extrem lobenswerte Einzelaspekte in den entsprechenden Häusern, aber eine reife und ganzheitliche konsequente Systematik zur regional umgesetzten Nachhaltigkeit fehlt dennoch überall.

Die damalige Aufbruchstimmung der Genossenschaftsgründungszeit zur regionalen Lösung eines sozialen Problems, bräuchten wir jetzt wieder! In einer Multikrisenzeit voller Nachhaltigkeitsherausforderungen gibt es für Kreditgenossenschaften unzählige Möglichkeiten, Veränderung zum Gewinn für alle zu bringen! Ebenso für Sparkassen, die ihren Auftrag schon konsequent neu interpretiert haben und bereits in der Umsetzung viel weiter zu sein scheinen – zumindest in Mainfranken. Kundinnen und Kunden sollten sich beschweren, wenn diese Bankentypen ihrem Auftrag nicht gerecht werden, aber auf der Nachhaltigkeitsmarketingschiene ihrer Verbände mitschwimmen. Mal eben das Nachhaltigkeitsleitbild vom BVR auf der eigenen Homepage verlinken, das ein Bild des Musterschülers zeichnet, aber in Wirklichkeit noch nicht einmal die einfachsten Hausaufgaben dazu umgesetzt zu haben, ist nichts anderes als Genowashing.* Und wenn die Hausaufgaben wirklich individuell umgesetzt worden sein sollten, dann muss das auch jenseits von Verbandstextbausteine sichtbar gemacht werden. Genowashing praktizieren Kreditgenossenschaften, die weder das besondere Wohl ihrer Mitglieder auf dem Schirm haben noch sich für ihre Region über ein paar Spenden hinaus engagieren. Aber auch Sparkassen müssen hier Vorsicht walten lassen, denen man Redwashing unterstellen kann, wenn sie eben gerade nicht ihrer Verantwortung als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gerecht werden.

Der Nachhaltigkeitsleuchtturm in Mainfranken ist tiefrot!

Glänzendes Vorbild der Betrachtung ist die Sparkasse Mainfranken Würzburg, von der andere in der Region sehr viel lernen können! Sozusagen eine „tiefrote“ Umsetzung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrages mit einem ausgereiften und stimmigen Gesamtplan, der nicht nur auf der herrschenden Regulatorik beruht. So geht das richtig und richtig gut! Das bringt Hoffnung für Mainfranken, denn Wettbewerb zwingt auch die anderen zum Handeln! Fragen Sie doch IHRE Bank, wie sie es mit der Nachhaltigkeit hält und berichten Sie öffentlich darüber – manche Kreditinstitute bewegen sich erst, wenn ihre Kundinnen und Kunden Veränderung einfordern …

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* Die Begriffe Orangewashing, Bluewashing und die Kombination der beiden VR-Farben zu einem Brownwashing sind alle schon anderweitig besetzt, deshalb wählte ich die Neuwortschöpfung Genowashing, die auch für Genossenschaften jenseits der Finanzwirtschaft angewandt werden kann.

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Ergänzung vom 25.09.2023:

Nachhaltigkeit in VR Banken: Würzburg wesentlich weiter als sichtbar!

Nicht immer bilden die verfügbaren Onlineinformationen den Status-Quo in Sachen Nachhaltigkeitsbemühungen korrekt ab. So geschehen bei der VR-Bank Würzburg….

Die Vorstandschaft hat mich zum Gespräch eingeladen und ich kam aus dem Staunen dabei gar nicht mehr heraus! Die Bank hat sich schon vor Jahren gezielt auf den Weg gemacht, um sauberes Bankgeschäft in der Region zu gestalten. Depot A Screening, Klimaschutzprojekte im eigenen Haus, ESG-Ratings im Kreditbereich, digitalisierte Prozessinnovationen, Regionalprojekte mit der Landwirtschaft und einiges mehr sind bei der VR Bank Würzburg bereits seit Jahren zu finden. Kein Wunder, dass mir der Vorstand die Bücher geöffnet hat, um die IST-Situation jenseits der Onlinekommunikation zu begutachten! Ursprünglich wollte die VR-Bank Würzburg warten, bis die Berichtspflichten greifen, um diese Nachhaltigkeitsinformationen für die Allgemeinheit offenzulegen. Das würde dann zusammenfallen mit dem Zeitpunkt, in dem alle Banken auf wundersame Weise plötzlich eine tolle Nachhaltigkeitsleistung in die Öffentlichkeit tragen würden. Ich bin der Meinung: Wer sich so konsequent bereits auf den Weg gemacht hat, sollte das baldmöglichst sichtbar machen (das wäre eine knappe 2 in der damaligen Betrachtung) – denn die Glaubwürdigkeit von morgen lebt vom Handeln im Gestern und Heute! In dem Sinne: BITTE mehr davon in die Öffentlichkeit tragen – vielleicht macht ja die eine oder andere VR Bank etwas davon nach…?!

Harald Bolsinger zu Gast bei der VR-Bank Würzburg eG
Besprechung bei der VR-Bank Würzburg eG

Herzlichen Dank an Dr. Weinkamm und Hr. Erhard für die Aufklärung im eigenen Hause und den herzlichen Empfang. SO geht der nachhaltigkeitsbezogene Umgang mit Stakeholdern richtig!

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Ergänzung vom 23.11.2023:

Nachhaltigkeit? Challenge Accepted! 

Eine weitere Kreditgenossenschaft hat die Zeichen der Zeit verstanden! Mit hoher Gesprächsbereitschaft als Reaktion auf meine Einschätzung im August war das gemeinsame Fazit bei einem Besuch in Würzburg: Nachhaltigkeit ist nicht nur Regulatorik sondern hat eine entscheidende Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Region und der dort verwurzelten Volks- und Raiffeisenbanken!

Frau Rudelgast und Herr Marlok von der Volksbank eG Neckar Odenwald Main Tauber besuchten Harald Bolsinger in der THWS in Würzburg

Frau Rudelgast und Herr Marlok von der Volksbank eG Neckar Odenwald Main Tauber  besuchten mich in der THWS in Würzburg und nahmen sich viel Zeit zum Erfahrungsaustausch. Es war deutlich spürbar, dass sich diese Genossenschaftsbank als Förderer ihrer Region versteht und deshalb genossenschaftliche Nachhaltigkeit auch ein wesentlicher Bestandteil ihrer DNA darstellt.  Nachhaltigkeit ist tatsächlich eines der vier strategischen Handlungsfelder der Bank. Genossenschaften sind die geeignetste Organisationsform, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen mit gelebter Solidarität gemeinschaftlich und in Partnerschaft von Betroffenen kraftvoll zu begegnen. Anstelle von Phrasen wie „man müsste“ oder „man sollte“ steht dabei „wir machen“ im Vordergrund. Darin sind wir uns im Gespräch schnell einig gewesen. Als großer Fan der Genossenschaftsidee gefällt mir das natürlich sehr gut 🙂 Aber „machen wir“ genügend, „machen wir“ das Richtige und „machen wir“ die nachhaltige Basis unseren Kunden und Mitgliedern ausreichend sichtbar? Diese Frage ist auch bei Frau Rudelgast und Herrn Marlok durch den Artikel in der Main-Post aufgeschlagen. Die wenig schmeichelhafte Nachhaltigkeitsnote für die Volksbank ergab sich seinerzeit durch eine nüchterne Betrachtung der Inhalte im Web.

Um sich dem anzunehmen, kamen wir auf Initiative der Bank (!) ins Gespräch. DAS ist genau die richtig Einstellung einer Genossenschaftsbank, die für die Menschen da ist! Sie möchte es genau wissen – ohne Berührungsängste – und dann etwas „machen“. In der Wissenschaftswelt nennen wir das „Multistakeholderorientierung“. Im Gespräch hat sich gezeigt, dass die veröffentlichten Inhalte im Web leider nur lückenhaft den IST-Zustand der Bank darstellen und auch nicht systematisiert genug aufbereitet sind. „Machen“ im stillen Kämmerlein ohne Kommunikation und öffentliche Reflexion erzielt eben wenig Wirkung und vergibt auch die Chance, durch Feedback stetig besser zu werden. Wer sich transparent macht und mit den Menschen sichtbar im Austausch bleibt wirkt nicht nur glaubwürdig sondern entwickelt sich stetig weiter! Dann ist es auch ein Leichtes, sich erfolgreich von Mitbewerbern abzuheben, die nur regulatorisches Mindestmaß ohne eigenes Herz für ihre Region an den Tag legen. Kunden und Mitglieder müssen wissen, wo ihre Kreditgenossenschaft bezüglich der Generationenverantwortung und der Solidarität steht (IST) und wo sie hin möchte (VISION), um emotional mit ihr verbunden zu sein. Erst dann wird der Unterschied für Mitglieder spürbar und kann auch in deren Köpfen Bewusstsein wecken. Beispielsweise, dass der regionale Geldkreislauf einer genossenschaftlichen Universalbank mit Privat- und Firmenkundengeschäft zum Wohle der Menschen in der Region beiträgt, genau da Gutes bewirkt wo man selbst lebt und gerne weiter leben möchte.

Die Volksbank eG Neckar Odenwald Main Tauber hat einige Projekte auf der Agenda, die ihre Ratingeinschätzung vom August verbessert. Im Kopf geblieben ist mir vom Gespräch vor allem die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks,  hausinternen Mobilitätsumfragen um auch SCOPE3 in den Blick zu nehmen und Maßnahmen zum Energiemanagement. Klimaschutz hat hier bereits einen so weiten Fokus, dass sich daraus ein Klimaschutzplan für den eigenen Bankbetrieb entwickeln lässt. Wie viele Kreditgenossenschaften ist die Bank auch stark im Philantropiebereich mit der Förderung von Vereinen und Schulen in ihrer Region (MINT) und der Unterstützungen von Institutionen in der Region aus Spendeneinnahmen durch die Abgabe von gebrauchtem Bankmobiliar. Dass das Herz in der Bank am richtigen Fleck sitzt, zeigt für mich vor allem die aktive Förderung der Genossenschaftsidee in Entwicklungsländern (GESTE). Das tun nur genossenschaftliche Überzeugungstäter 🙂 Und genau das ist es worauf es ankommt. VR-Banken sind keine Nachhaltigkeitsbanken sondern sie sind weitaus mehr: Solidargemeinschaften für ihre Region! Das ist wesentlich besser, als nur nachhaltige Bankprodukte anzubieten und die älteste und gleichzeitig größte Differenzierungschance seit der Erfindung der Genossenschaftsidee!

Welches Fazit haben Frau Rudelgast und Herr Marlok aus unserem Austausch gezogen? Im Gespräch sagten sie, Erkenntnis sei der beste Weg zur Verbesserung und Gutes zu tun erfordere dann auch, darüber zu kommunizieren. Nachhaltiges genossenschaftliches Handeln haben sie sich schon lange auf die Fahne geschrieben und möchten nun auch intensiver darüber kommunizieren. Bei Banken, die das WIRKLICH wollen, bin ich immer gerne mit Rat und Tat im Boot! Danke für Ihren Besuch! Es war mir eine Freude zu sehen, dass Sie die Herausforderungen der Zeit angenommen haben. Das wird der Region Neckar Odenwald Main Tauber gut tun!