Professionelles Wertemanagement in der Praxis – Teil I

Bolsinger und Schunk bei EthikvorlesungWie man sich krisentauglich und resilient mit einer einzigartigen Unternehmenskultur aufstellt, habe ich diese Woche meinen Studierenden aufgezeigt, als wir zu Gast bei der „Werte-vollen“ Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp (vogel-stiftung.de) waren. Nach einem Vormittag voller Aha-Effekte über verantwortungsvolles Kerngeschäft und sinnerfüllt gemeinwohldienliche Stiftungen, fragten mich die Studierenden, ob es „nicht unwahrscheinlich teuer wäre, sich einen so professionellen Werteprozess zu leisten“?! Die Frage war sehr gut, denn tatsächlich kostet es im Vergleich zu so manchem Markenpositionierungsprozess fast nichts an externer Beratung – die braucht es nur sehr reduziert. ABER oft wird das interne Investment vergessen! Nachdem sich alle Mitarbeitenden in einem Bewusstwerdungsprozess mit ihren Werten beschäftigen und das auch im Unternehmen diskutieren, kommen die Opportunitätskosten der dafür aufgewandten Arbeitszeit mit in die Aufwandsrechnung. Das ist ein nicht zu unterschätzender Posten! Und genau dieses Investment sorgt für die nachhaltige und glaubwürdige Differenzierung. Danach sind alle Mitarbeitenden wirklich an Bord und brauchen nicht mit fragwürdigen Wertetrainings oder Markenbotschafterausbildungen beeinflusst werden.

Letzte Woche habe ich in einem guten Beispiel für vorbildliche genossenschaftliche Werteperformance angekündigt, eine kleine Serie zu „Professionelles Wertemanagement in der Praxis“ zu veröffentlichen. An dem Beispiel lässt sich gut erklären, welche Schritte notwendig sind, um eine gelebte Wertekultur im Unternehmen zu etablieren! Die gewählten Werte müssen diskursethisch gefunden und ebenso ins tägliche Handeln übersetzt werden. Wir haben diesen Schritt bei der PSD Bank Nürnberg eG auf demselben hohen Niveau ebenso basisdemokratisch umgesetzt, wie auch die Zusammenstellung des Werteportfolios. Auch hier wurden die Beschreibungen gemeinschaftlich erarbeitet, wie das Handeln aussehen soll, damit die Werte auch wirklich zum Tragen kommen und erlebbar werden. Das ist der wichtigste erste Schritt für eine Lebendigkeit und ein gemeinsames Verständnis von gutem und erstrebenswertem Handeln. Danach gilt es ein Wertemanagementsystem zu etablieren, das den konkreten Werten dauerhaft Relevanz verleiht und die ständige Reflexion über die konkrete Umsetzung und Wahrnehmung durch alle Wertepartner/Stakeholder beinhaltet. Wenn das vorhanden ist, geschieht die Durchdringung aller Bereiche mit den Werten im Zeitverlauf automatisch.

Grafisch sieht der Prozess so aus:

Wertemanagementkreislauf nach Bolsinger
Wertemanagementkreislauf nach Bolsinger

Durch den Kreislauf, wird deutlich, dass eine Beschäftigung mit den Werten in verschiedenen Quadranten beginnen kann, aber niemals zu Ende sein wird. Die dauerhafte Reflexion – auch vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Gesellschaft und damit der entsprechenden Märkte – stellt sicher, dass die Organisation immer am Puls der Zeit bleibt. So vermeidet man Betriebsblindheit und sichert sich kontinuierliche Innovationskraft.

Jede Organisation muss sich Gedanken machen, wie genau die Werte auch tatsächlich in der Praxis in ihrer eigenen Organisation gelebt werden. Es existieren zwar austauschbar funktionierende Elemente, aber ein einzigartiges Wertemanagementsystem berücksichtigt auch die Organisationsrealität des Unternehmens. In der PSD-Bank Nürnberg haben wir hier einen einzigartigen Wertebeirat als Beratungsgremium, Wertebotschafter als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, eine Stabsabteilung und eine Vielzahl von Projekten zur Anpassung des organisationalen Rahmens kombiniert.

Nachdem die Werte die Basis für alles andere sind, zeigen sie auf, mit welchen Aussagen sich die Organisation jenseits von rein markenorientiertem Wunschdenken glaubwürdig differenzieren kann. Was hier erarbeitet wird ist Selbstwahrnehmung, Anspruch und Vision zugleich und durch nichts zu ersetzen. Gerade dadurch lohnt sich das Investment der Opportunitätskosten! Viele Unternehmen positionieren sich in erster Linie auf Basis von Marktforschung und Marketingtipps externer Agenturen oder einem Branchenverband. Das merken die Kundinnen und Kunden irgendwann – denn zum Schluss sind alle in Ihren Aussagen und Versprechen im Branchenumfeld gleich, wenn sie keinen eigenen Wertemanagementkreislauf ehrlich durchlaufen haben.

Wenn Sie mehr zu den einzelnen Schritten wissen wollen schreiben Sie mir! In den nächsten Beiträgen gehe ich auf die einzelnen Schritte und Ihre Fragen ein…